Ein Kunde von cura domo erzählt aus seinem Leben…

 

Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Für den Soldaten Herbert Erhart waren die letzten Kriegstage voller Dramatik.

Erhard Herbert

BREGENZ

Bereits als Jugendlicher wurde Herbert Erhart (94) aufs Soldatentum getrimmt. Mit 14 Jahren wurde der gebürtige Rankweiler in ein Lager zur Wehrertüchtigung eingezogen. Dort wurden Jugendliche in mehrwöchigen Lehrgängen für den Kriegseinsatz vormilitärisch vorbereitet.

Im Dezember 1944 wurde aus der Übung Ernst. Der junge Mann musste einrücken. Zuvor war er zum Funker ausgebildet worden. Erhart wurde an die Front nach Holland beordert. Sein Glück war, dass er für die Nachrichtenübermittlung zuständig war. Funker waren strategisch so wichtig, dass sie nicht an der Frontlinie eingesetzt wurden. „Wir waren immer in den hinteren Reihen, hatten keinen Kontakt mit dem Feind und waren somit nicht in Gefahr.“ Erhart musste nie auf jemanden schießen oder gar jemanden töten. „Zum Glück nicht, sonst hätte mich mein Gewissen geplagt.“ Er sah auch keinen Menschen sterben. „Einmal beobachtete ich aber aus der Ferne, wie ein Todeskommando in einem Wald zwei Gefangene erschoss.“

Der Kriegsveteran erinnert sich, dass seine Truppe ständig auf dem Rückzug war. „Wegen der Luftüberlegenheit der Amerikaner konnten wir uns nur nachts bewegen. Irgendwann holte uns der Feind aber ein.“

Am 1. Mai 1945 wurde Erhart Opfer eines feindlichen Fliegerangriffs. Dieses Erlebnis war so dramatisch, dass es sich in sein Gedächtnis einbrannte. „Meine Kameraden und ich waren auf einem Bauernhof in der Nähe der Lüneburger Heide. Eine Meldung musste weg. Aber während des Rückzugs hatte ich mich bereits der schweren Funkgeräte entledigt. Um den Auftrag erfüllen zu können, musste einer von uns losradeln. Das Los fiel auf mich. Es war ein Todeskommando. Die Amis schossen auf alles, was sich bewegte“, erklärt er, warum er in eine brandgefährliche Situation kam.

Jagdbomber beschossen ihn

Als er mit dem Rad losfuhr, beschossen ihn vier Jagdbomber mit Kanonen und Maschinengewehren. Der junge Wehrmachtssoldat suchte im Straßengraben Schutz. Dort überstand er die Bombardements ohne einen Kratzer. Als der Höllenlärm vorbei war und die Jagdflugzeuge abgedreht hatten, traute er sich aus dem Graben heraus. „Ich schlotterte am ganzen Körper. Meine Nerven lagen blank. Zum Glück holten mich meine Kameraden ab.“ Unvergessen bleibt ihm auch das Bild, das sich ihm nach dem Angriff bot. „Die Straße sah wie ein aufgewühlter Acker aus, alle Bäume der Allee waren geköpft.“ Nachfolgend löste sich Erharts Einheit auf.

„Jeder versuchte auf eigene Faust in seine Heimat zu gelangen.“ Die Amerikaner griffen den Soldaten aus Vorarlberg am 8. Mai 1945, am Tag der Kapitulation Deutschlands, in einem Stall in der Lüneburger Heide auf. „Sie holten mich vom Heustock herunter. Ich sagte auf Englisch: ,Heute ist mein Geburtstag.‘ Daraufhin gaben sie mir eine Schokolade.“

Die Amerikaner brachten Erhart in ein Gefangenenlager in Ostfriesland. „Die Verpflegung war sehr karg, einmal am Tag gab es eine Suppe. Wir hausten in Baracken und schliefen auf Stroh.“ Nach mehrmonatiger Gefangenschaft gelang Erhart mit einem Mitgefangenen im Dezember 1945 die Flucht aus dem Lager. „Wir fuhren mit Zügen, die Kohlen transportierten, in Richtung Süden.“ Zuhause in Bregenz wartete Friedl, seine zukünftige Frau, auf ihn. „Mein Mädchen stand vor den Trümmern seiner Existenz. Denn die Franzosen hatten Bregenz beschossen und einige Häuser zerstört, darunter Friedls Elternhaus.“

MARTINA KUSTER
martina.kuster@vn.at
05572 501-734

Original – Beitrag mit freundlicher Genehmigung der Vorarlberger Nachrichten
Link zum Beitrag vn.at

Zu seinem 94. Geburtstag möchten wir Herrn Erhart ganz herzlich gratulieren!

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